Neue EU-Gebäuderichtlinie bringt umfassende Veränderungen im Gebäudesektor

von: Anna-Lena Gerhardt | August 2024

Am 8. Mai 2024 hat die EU die novellierte Richtlinie 2024/1275 zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden („Energy Performance of Buildings Directive“ (EPBD)) veröffentlicht. Diese Änderung ist ein wesentlicher Bestandteil des „Fit for 55“-Pakets, das die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% im Vergleich zu 1990 senken soll, mit dem langfristigen Ziel der Klimaneutralität bis 2050.

Hintergrund und Ziel

Die ursprüngliche Richtlinie (EU/2010/31) wurde bereits 2018 im Rahmen aktualisiert und umfasst seitdem nicht nur energetische Anforderungen für Gebäude, sondern auch Vorgaben zur Schaffung von Ladeinfrastruktur. Da der Gebäudesektor etwa 40% des gesamten Energieverbrauchs in Europa ausmacht, wurde die EPBD nun erneut überarbeitet. Diese Novellierung ist Teil der „Renovierungswelle“ der EU, die darauf abzielt, die jährliche Rate energetischer Renovierungen bis 2030 mindestens zu verdoppeln.

In Deutschland wird die EPBD durch das „Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz“ (GEIG) umgesetzt.

Energieeffizienz

Das Ziel der Novellierung besteht darin, alle Gebäude schrittweise zu Nullemissionsgebäuden zu bauen bzw. umzubauen. Das bedeutet, dass vor Ort keine CO2-Emissionen durch den Verbrauch fossiler Energieträger mehr entstehen dürfen. Ab 2028 wird dieser Standard für neue Gebäude im öffentlichen Besitz verpflichtend, ab 2030 für alle Neubauten und ab 2050 auch für Bestandsgebäude. Die Richtlinie berücksichtigt dabei die gesamten Emissionen eines Gebäudes über seinen Lebenszyklus, einschließlich der Bau- und Betriebsemissionen.

Eine der wichtigsten Änderungen ist die Einführung von Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Nichtwohngebäuden, den sogenannten Minimum Energy Performance Standards (MEPS). Diese Anforderungen müssen regelmäßig überprüft und an den technischen Fortschritt angepasst werden. Bis 2030 müssen Nichtwohngebäude unterhalb eines Schwellenwerts von 16% und bis 2033 unterhalb eines Schwellenwertes von 26% renoviert werden; mit Ausnahmen bei Härtefällen. Für Wohngebäude sollen die Mitgliedstaaten nationale Zielvorgaben festlegen, um den Energieverbrauch bis 2030 um 16% und bis 2035 um 20 bis 22% zu senken, wobei mindestens 55% dieses Rückgangs durch die Renovierung der energieineffizientesten Gebäude erreicht werden müssen.

Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten Strategien entwickeln, um die Nutzung fossiler Brennstoffe für die Gebäudebeheizung schrittweise zu reduzieren. Insbesondere ab 2025 soll die Förderung der Installation fossiler Heizkessel eingestellt und deren Einsatz ab 2030 vollständig verboten werden. Der Einsatz erneuerbarer Energien soll gefördert werden, beispielsweise durch den Ausbau von Solaranlagen. Neubauten müssen künftig so geplant werden, dass die Installation von Solaranlagen problemlos möglich ist. Dafür ist ein gestaffelter Zeitplan von 2026 bis 2030 vorgesehen.

Zudem sollen die Energieeffizienzklassen EU-weit vereinheitlicht und deren Zuverlässigkeit, Qualität und Digitalisierung verbessert werden. Gebäudeeigentümer können sich künftig freiwillig einen Gebäuderenovierungspass von zertifizierten Experten ausstellen lassen, der einen Fahrplan für schrittweise Sanierungsmaßnahmen sowie Informationen zu Finanzierungsmöglichkeiten und den Vorteilen energieeffizienter Sanierungen enthält.

Ladestationen

Die novellierte EPBD bringt strengere Vorschriften sowohl hinsichtlich des Anwendungsbereichs als auch der geregelten Pflichten mit sich. Ladepunkte müssen den technischen Mindestanforderungen der Verordnung (EU) 2023/1804, der Alternative Fuels Infrastructure Regulation (AFIR), entsprechen und intelligentes sowie bidirektionales Laden unterstützen.

Für neue und zu renovierende Nichtwohngebäude gelten nun ab sechs Autostellplätzen strengere Vorschriften. Grundsätzlich muss für jeden fünften Stellplatz ein Ladepunkt eingerichtet werden, während bei Bürogebäuden ein Ladepunkt je zwei Stellplätze vorgesehen ist. Zusätzlich muss die Vorverkabelung für mindestens 50% der Stellplätze installiert werden, und Schutzrohre müssen für die verbleibenden Stellplätze eingerichtet werden. Bei bestehenden Nichtwohngebäuden reduziert sich die Anzahl der benötigten Ladepunkte auf mindestens einen je zehn Stellplätze. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Vorverkabelung für mind. 50% der Stellplätze zu errichten.

Auch für neue und renovierte Wohngebäude gelten verschärfte Anforderungen. Die Verpflichtung zur Errichtung der Leitungsinfrastruktur wird bereits ab mehr als drei Stellplätzen wirksam, im Vergleich zu den bisherigen Regelungen, die erst ab mehr als zehn Stellplätzen greift. Hier müssen ebenfalls die Vorverkabelung für mindestens 50 % der Stellplätze sowie Schutzrohre für die übrigen Stellplätze installiert werden.

Weitere Themen

Die neue Richtlinie geht über die reine Energieeffizienz hinaus und berücksichtigt weitere Aspekte:

  • Gebäudeautomation: Die Richtlinie fördert die Entwicklung eines Bewertungssystems für die „Intelligenzfähigkeit“ von Gebäuden, das die Fähigkeit eines Gebäudes bewertet, den Betrieb an den Bedarf der Bewohner anzupassen und dabei die Raumklimaqualität sowie die Gesamtenergieeffizienz zu optimieren.
  • Fahrradstellplätze zur Förderung nachhaltiger Mobilität: Bei Nichtwohngebäuden mit mehr als 20 Autostellplätzen müssen mindestens 15 % der durchschnittlichen oder mindestens 10 % der gesamten Nutzerkapazität als Fahrradstellplätze zur Verfügung gestellt werden.

Auch finden der Brandschutz und Katastrophenresilienz, die Entfernung gefährlicher Stoffe und die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen Beachtung. Diese Maßnahmen unterstreichen das Ziel der Richtlinie, den Gebäudesektor in der EU nicht nur energetisch zu sanieren, sondern auch Bereiche wie Mobilität, Sicherheit, Gesundheit und Zugänglichkeit zukunftsfähig zu gestalten.

Die Richtlinie ist seit dem 28. Mai 2024 in allen EU-Mitgliedsstaaten rechtsverbindlich. Die Umsetzung in nationales Recht muss bis zum 14. Mai 2026 erfolgen, weitere Fristen sind der Richtlinie zu entnehmen. Weitere Informationen zur EPBD finden Sie auf der Website der Europäischen Kommission und zum GEIG auf der Website des BMWK.

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