Februar 2025Neue EU-Abwasserrichtlinie bringt hohe Kosten und neue Pflichten
Die neue EU-Abwasserrichtlinie (EU) 2024/3019 trat zum 1. Januar 2025 in Kraft, nachdem sie am 5. November 2024 die Zustimmung des Rats der Europäischen Union erhielt und am 12. Dezember 2024 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde. Sie ersetzt die bisherige EG-Richtlinie 91/271/EWG aus dem Jahr 1991 und muss bis Juli 2027 in nationales Recht umgesetzt werden.
Neben dem Ziel, die Umwelt vor Schäden durch unzureichend behandelte Abwässer zu schützen, verfolgt die Richtlinie auch das Ziel, den Abwassersektor energie- und klimaneutral zu gestalten. Die Umsetzung bringt für Kommunen und Unternehmen erhebliche neue Verpflichtungen und hohe Kosten mit sich.
Erweiterte Herstellerverantwortung
Um die Finanzierung der Maßnahmen sicherzustellen und als Anreiz zur Vermeidung von Schadstoffeinträgen dient das Verursacherprinzip. Besonders betroffen sind Unternehmen der Pharma- und Kosmetikindustrie. Die Pharmaindustrie rechnet mit Mehrkosten von rund 36 Milliarden Euro. Hintergrund ist, dass die Richtlinie verschärfte Anforderungen an die Abwasserbehandlung stellt.
Ein zentraler Punkt ist die Einführung einer vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen zur Entfernung von Mikroschadstoffen. Unternehmen – unabhängig davon, ob sie in der EU ansässig sind oder nicht – sollen 80 % der Kosten für den Ausbau der Kläranlagen sowie für Datenerhebungen und Überwachungsmaßnahmen tragen.
Umsetzung der Herstellerverantwortung
Hersteller müssen sich in noch zu gründenden nationalen „Organisationen für Herstellerverantwortung“ registrieren lassen. Jährlich sind sie verpflichtet, Angaben zu den in Verkehr gebrachten Arzneimitteln und deren Auswirkungen auf das Abwasser zu machen. Diese Verpflichtung gilt für Hersteller, die EU-weit jährlich mehr als eine Tonne Arzneimittel vertreiben. In jedem Mitgliedsland kann eine separate Registrierung erforderlich sein.
Zeitplan zur Umsetzung
Da es sich um die Überarbeitung einer bestehenden Richtlinie handelt, ist sie nicht unmittelbar rechtsverbindlich, sondern muss innerhalb von 30 Monaten in nationales Recht überführt werden. Die Regelungen zur Herstellerverantwortung treten sechs Monate später in Kraft.
Auch Kommunen stehen unter Umsetzungsdruck:
- Mindestens 50 % der Kläranlagen in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen bis 31.12.2030 auf die vierte Reinigungsstufe umgerüstet sein, bis 31.12.2035 alle.
- Gemeinden mit 10.000 bis 100.000 Einwohnern müssen bis 2035 zu 50 % eine vierte Reinigungsstufe einführen, sofern eine signifikante Belastung durch Mikroschadstoffe nachgewiesen wird.
Da unklar ist, ob die Annahme, dass 66 % der Spurenstoffe aus Arzneimitteln stammen, ausreichend belegt ist, rechnen Experten mit Klagen von Unternehmen und Verbänden gegen die Umsetzung.
Pflichten für kleinere Gemeinden
Bisher waren Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnern von der Pflicht zur Abwasserbehandlung ausgenommen. Da etwa 43 % der europäischen Gemeinden unter diese Ausnahmeregelung fielen, leisteten sie einen erheblichen Beitrag zur Gewässerverschmutzung. Die neue Richtlinie verpflichtet nun Gemeinden mit mindestens 1.000 Einwohnern, Abwasser zu sammeln und organische Stoffe vor der Einleitung biologisch abzubauen.
Abwassersektor soll energie- und klimaneutral werden
Die Richtlinie sieht zudem vor, die Treibhausgasemissionen des Abwassersektors zu senken, der aktuell 0,85 % der gesamten EU-Emissionen verursacht. Kommunale Kläranlagen müssen bis 2045 die von ihnen verbrauchte Energie selbst erzeugen.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen stellt insbesondere Kommunen und betroffene Unternehmen vor enorme Herausforderungen und könnte zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.